Hallo zusammen,
ich bin seit längerer Zeit Mitleser in diesem Forum und schreibe ab und an auch mal was. Das Thema hat nichts mit blauen Werkzeugen zu tun, daher hoffe ich, dass ich es in die richtige Kategorie schreibe. Da hier viele mit praktischem Sachverstand unterwegs sind, möchte ich einfach einmal meine aktuelle Situation in Sachen Haussanierung von der Leber schreiben.
Wir (Familie mit zwei Kindern) haben vor ca zwei Jahren ein Haus Baujahr 1968 gekauft. Dieses Haus wird derzeit im Rahmen einer KfW-Förderung kernsaniert, wir wohnen derweil noch zur Miete und - was gut ist - müssen hier auch nicht zu einem festern Termin raus. Einen zeitlichen Druck zur Fertigstellung der Sanierung gibt es daher nicht, außer natürlich die finanzielle Doppelbelastung Abtrag und Miete. Bislang lief im Rahmen der Sanierung alles soweit gut: das Haus wurde freigelegt, Keller abgedichtet, Bodenplatten für Anbau gegossen, Fensterauschnitte neu gesetzt, eine Pelletheitzung installiert, Wände versetzt usw.
Bei einem Thema haben wir uns von Anfang an keine großen Gedanken gemacht: dem Dach. Denn wir haben einen Dachdecker in der näheren Bekanntschaft, der direkt zusagte, sich des Daches anzunehmen. Auch einen Zimmermann haben wir durch ihn an der Hand, der den kompletten Dachstuhl nach Abriss neu aufbaut inkl. neuen Gauben. Ihr merkt: es wird wirklich alles neu gemacht.
Ich kürze hier ein wenig ab, sonst wird's zu lang: unser Dachdecker war sehr stark im Reden, nach einem Dreivierteljahr Vertrösten, keinerlei Materialbestellungen und keinem ernsthaften Angebot mussten wir die Reißleine ziehen und die "Zusammenarbeit" kündigen. Ihr könnt euch vorstellen, dass das im Freundeskreis natürlich keine einfache Entscheidung ist, aber es ging einfach nicht mehr. Anstatt uns klar zu sagen, dass für uns keine Kapazitäten frei sind - es handelt sich um einen 3-Mann-Betrieb - wurden wir lange hingehalten und immer wieder vertröstet. Daher musste wir irgendwann handeln, es hat auch psychisch einfach zu sehr belastet. Vor allem vor dem Hintergrund, welche Nachfolgearbeiten am Dachstuhl, den neuen Zimmern/Gauben und dem Dach hängen, ging "Abwarten" einfach nicht mehr.
Meine Frau teilte eine Freundin in einem Gespräch ihr Leid in Bezug auf das Dach mit worauf diese direkt erwiderte, sie kenne einen sehr guten und zuverlässigen Dachdecker, vielleicht wäre dieser bereit, uns zu helfen. Auch hier kürze ich ab: er war direkt bereit, es gab direkt eine Baustellenbesichtigung, mit seinen knapp 20 Mitarbeitern sei das ein kleines Projekt und problemlos machbar. Wir waren im siebten Himmel, denn endlich ging's voran. Ich ließ mich sogar dazu hinreißen - und das mache ich sonst niemals, denn ich bin selber Geschäftsmann - zwei Summen als Anzahlung zu leisten, eine an den Dachbaustoffhändler, eine direkt an den Dachdecker. Ohne Angebot oder Vorab-Rechnung, denn es sollte schnell gehen. Ihr dürft an dieser Stelle laut lachen, ich würde das gleiche tun.
Eine Woche später stand das Gerüst, unser Zimmermann lieferte eine super Arbeit ab und der Dachstuhl war nach zwei Wochen komplett fertig. Trommelwirbel: erster Einsatz unseres Dachdeckers.
Am Morgen komme ich zum Haus und in meiner Einfahrt stehen drei Autos mit osteuropäischem Kennzeichen. Ich hab keine Zeit, mich zu wundern, denn unser Dachdecker reist an. Auf meine erstaunte Frage, ob das seine Mitarbeiter sind, erhalte ich als Antwort, das sei ein Subunternehmer, mit dem er schon lange erfolgreich zusammenarbeite. Dadurch würde es für uns billiger. Ich stelle ihm gegenüber klar, dass ich niemals "billig" gefordert oder erwähnt habe und es von seiner Seite niemals erwähnt wurde, dass er die Arbeiten gar nicht selber ausführen würde. Er bestätigt das zwar, aber die Leute sind halt da und bereits auf dem Dach. Ich habe erste Bauchschmerzen weil ich merke, dass wir jemandem vertraut haben, der nicht transparent arbeitet.
Ich kürze an dieser Stelle wieder ab: die Arbeiten wurden nicht fachgerecht ausgeführt und zwar so offensichtlich, dass es mir und meiner Frau, einer gelernten Bauzeichnerin, bei jedem Besuch den Magen umdreht. Wir haben eine sehr hochwertige und vor allem einfach zu verarbeitende Aufdachdämmung bauseits gestellt, dennoch wird klar, dass keiner der immer mal wieder anwesenden Herren jemals damit gearbeitet hat. Unser beauftragter "Meister" ist dabei in der Regel nicht oder nur kurz anwesend.
Nach drei Wochen erhalte ich die erste Abschlagsrechnung. Und zwar zu meiner Überraschung nicht von dem bauftragten Dachdecker, sondern eines mir nicht bekannten Unternehmens mit Sitz ca. 120 km entfernt. Kurze Recherche im Bundesanzeiger: das Unternehmen, eine UG, gibt's seit ca. 6 Wochen. Mir dreht sich erneut der Magen um und kontaktiere den Dachdecker. Warum ich eine Rechnung von einem mir nicht bekannten oder gar von mir beauftragten Unternehmen erhalte, frage ich und weise darauf hin, dass er seinerzeit von einem "Subunternehmer" sprach. Das würde jedoch bedeuten, dass ich die Rechnung von IHM erhalte und ER für die Leistung und Qualitöt der Ausführung einsteht. Und nicht eine Firma, die es seit wenigen Wochen gibt und die nach Abschluss der Arbeiten im Falle eines Falles garantiert nicht mehr auftauchen wird.
Antwort: er sei dort "Betriebsleiter", ich habe zu zahlen, ansonsten werden die Arbeiten sofort eingestellt. Wenn ich das jetzt selber schreibe und lese, ist mir völlig klar, dass man einer solchen Aufforderung nicht nachkommt. In der damaligen Situation - vor allem meine Frau war völlig fertig in Anbetracht der Aussicht, den zweiten Dachdecker zu verlieren und ein halboffenes Haus dort lange Zeit stehen zu haben - zahlte ich. Mit seinem Hinweis darauf, dass er uns schriftlich bestätigt, dass er für die Qualität einsteht, musste es weitergehen.
Die nachfolgende Zeit war nicht besser, es kam zu mehreren Treffen auf der Baustelle, wo auf die offensichtlichen Mängel hingewiesen wurde, es änderte sich nichts. Unter anderem die kritischen Anschlüsse der Dampfsperren an das Bauwerk wollte er höchstpersönlich vornehmen, da er das seinen "Mitarbeitern" nicht zutraue. Das Gerüst stand mittlerweile 7 Wochen. Ich lasse an dieser Stelle weg, wie oft wir schriftlich anmahnten, die Arbeiten fortzuführen, wie oft Kolonnen in Aussicht gestellt wurden und wie oft nieman auf der Baustelle auftauchte.
Dann die Info vom Gerüstbauer (vom Dachdecker selbst beauftragt): eine Woche haben wir noch, länger kann er es nicht stehen lassen. Antwort des Dachdeckers: er habe keine Zeit, die Dampfsperre selbst zu verarbeiten, er schickt einen Mitarbeiter. Und in drei Tagen sei das Dach komplett zu. Ihr habt also folgende Situation: ein gerade mal mit der Eindeckung begonnenes Dach, darunter eine mangelhaft verlegte Dämmung und noch vier Tage Zeit, die Arbeiten entgegen der Absprachen von Mitarbeitern erledigen zu lassen, die für diese Situation verantwortlich sind, augenscheinlich keine Dachdecker sind und in 7 Wochen vier Mal auf der Baustelle waren.
Ich habe die Reißleine gezogen und über die HWK Sachverständige abtelefoniert. Einer hatte Zeit und kam tatsächlich noch am gleichen Tag zur Baustelle. Nach 3 Stunden Begehung war klar: hier geht's zunächst nicht weiter, vor allem nicht mit der Eindeckung zur schnellen Kaschierung der Fehler der Dämmung. Also Stopp..
Zu groß sind die Fehler, die gemacht wurden. Die montierten Kastenrinnen bereits an zahlreichen Stellen durch abrutschende Ziegel beschädigt, die Ortgangverkleidungen von Prefa zerbeult auf den Gerüsten liergend, Spalte von teilweise bis zu 20 cm zwischen den Dämmplatten, falsche Verschraubungen, nicht zugelassene Klebebänder (an einer Stelle wurde der Anschluss an den Kamin mit dem doppelseitigen Bastelklebeband meiner Frau ausgeführt, welches in der Küche lag) usw.
Wir mögen den Dachdecker schriftlich darüber informieren, dass zunächst keine weiteren Arbeiten ausgeführt werden und im Anschluss nach Fertigstelung der Mängellist eine Besprechung vor Ort mit dem Sachverständigen stattfinden wird. Auf meine Bitte hin ist der Sachverständige auch bereit, die Arbeiten ab sofort fachlich zu begleiten (er wohnt im Nachbarort des Bauvorhabens), wir können und wollen einfach nicht mehr. Nach unserem und seinem Urlaub möchte er (der SV) den Dachdecker kontaktieren und mit ihm gemeinsamen den Fahrplan für Fertigstellung Fehlerbehebung erarbeiten.
Reaktion des Dachdeckers: Vorwurf des mangelnden Vertrauens, das Dach sei in drei Tagen locker fertigzustellen, das sei nun allein unsere Entscheidung. Wir bleiben dabei: Baustopp, so schwer es uns fällt. Ein "Weiter so" geht nicht mehr, wir haben bereits viel zu viel akzeptiert und auch ganz klar falsch gemacht im Umgang mit der Situation.
Während unseres Urlaubs erhalte ich dann die fast schon von mir erwartete Nachricht: er stelle die Arbeiten bei uns ein, wir sollen uns einen neuen Dachdecker suchen. An dieser Stelle von mir nochmals der Hinweis: es gibt keine einzige offene Rechnung, nichts, was aus Sicht des Dachdeckers eine Einstellung der Arbeit rechtfertigen würde. Der Grund ist einfach: sein Geschäftsmodell funktioniert nicht mit einem, der ihm auf die Finger schaut, vor allem in Hinblick auf sein unklares Firmenkonstrukt.
Für uns ist die Situation jetzt klar, wenn auch unschön: Auflistung der Mängel, Fristsetzung zur Behebung. Einen Anwalt haben wir dazugenommen. Lehnt er eine Fertigstellung bzw. Mängebehebung ab oder lässt er die Fristen verstreichen, müssen wir einen Betrieb finden, der die Arbeiten fortführt oder korrigiert, das wird alles andere als einfach. Im schlimmsten Falle muss "alles runter", auch wenn der Sachverständige, gleichzeitig Obermeister der Innung, hier noch Korrekturmöglichkeiten sieht. Und dann muss ich sehen, dass ich einen Teil der geleisteten Zahlungen zurückfordere auf Grund der mangelhaften Ausführungen. Ob das Aussicht auf Erfolg hat, wage ich zu bezweifeln, aber versuchen werde ich es.
Ich muss jetzt hier viele Details weglassen, sonst wäre es zu lang. Aber ich denke, es wird klar, wie unschön und belastend die gesamte Situation ist, wie viele Nächte man wachliegt, weil man weiß, dass man zum Teil ausgeliuefert ist, und zum Teil selbt Fehler gemacht und es erst zugelassen hat. Viele von euch werden denken: "Du Trottel" und ja, ich war in zu vielen Situationen drauf bedacht, dass es einfach weiter geht. Das war und ist natürlich ein großer Fehler. Keiner ärgert sich mehr darüber, viel Geld und noch viel mehr Nerven an einen offensichtlich nicht an Qualität und Handwerkerehre interessierten Dachdecker verloren zu haben und nicht viel früher die Reißleine gezogen zu haben, als ich selbst. Erschwerend kommt die derzeitge Situation am Bau hinzu - alleine ein neues Gerüst zu finden, ist Wahnsinn.
Seid bitte nicht zu hart zu mir, ich wollte mir einfach mal den Frust von der Seele schreiben. Die letzte gemachten Schritte fühlen sich richtig an, wir werden viel Lehrgeld bezahlen, aber ich korrigiere lieber jetzt hart und teuer die gemachten Fehler als die nächsten Jahre mit einem völlig unfachgemäß ausgeführten Dach, den Ärger bei der Abnahme durch den Energieberater wegen KfW mal ganz außen vor gelassen. Die Situation liegt jetzt klar auf dem Tisch und ich hoffe, das Ganze noch zu einem guten Abschluss führen zu können.
Gelernt haben wir eine Menge, auch wenn ich mir das an vielen Stellen gerne erspart hätte.