am 25.11.2023 00:29
Hallo,
ich hatte neulich das aktuelle Youtube Video Bosch Expert Talk von Bauforum24 gesehen, indem auch ein Bosch Mitarbeiter dabei war. Dort wird ab Minute 51 gesagt, dass die großen Drehschlagschrauber nicht geeignet wären für die PKW Reifen Montage.
Ist das wirklich so? Wie viel Drehmoment liegt denn auf der kleinsten Stufe an?
Hatte jetzt gedacht den 1000c könnte man auch für den Radwechsel nutzen.
25.11.2023 01:47 - bearbeitet 25.11.2023 02:17
Hallo Moppelx3
wenn ein Drehschlagschrauber keine Drehmomentbegrenzung hat, und Leistungsmäßig so weit über einem Solldrehmoment liegt (Bei PKW-Radmuttern/Bolzen ca. 120 bis 150NM) ist die Gefahr sehr hoch, dass man einen Bolzen abreißt, das Gewinde zerstört oder die Felge beschädigt. Es gibt natürlich Industrieschlagschrauber mit exakt einstellbarem Drehmoment, welche sich aber preislich in einer ganz anderen Liga befinden.
Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass man bei der Wahl eines Drehschlagschraubers die Drehmoment-Leistung im Losbrechmoment gut doppelt so hoch wählen sollte wie das Anziehmoment des Einsatzzweckes, beim PKW also mindestens 300NM. Der Grund dafür ist, dass das Losbrechmoment beim Wiederlösen der Radmuttern nach einiger Zeit deutlich höher ist als das ursprüngliche Anziehmoment. Von den Bosch Geräten wäre das der ältere GDS 18V-300 den ich noch verwende und welcher nur mit einem Drehmomentwert benannt wird. Bei neueren Geräten gibt Bosch teilweise höhere Losbrechmomente wie auch geringere Anzugsmomente an. Hier kämen nominell für mich also der GDX 18V 200, und der GDX 18V-330HC mit 1/2" Aufnahme in Frage. Den GDS 18V-450 HC sehe ich schon im Bereich dickerer Radbolzen wie Kleintransporter etc.
Wichtig:
Zum Anziehen verwende ich grundsätzlich sog. Torsions-Nüsse oder normale Schlagfeste Nüsse mit zwischengesteckten Torsionsstäben. Beide gibt es mit diversen Drehmomentübertragungswerten passend zu deinem Fahrzeug, oder gerne auch 10NM weniger. Dies gibt dir also einen zusätzlichen Überlastungsschutz beim Anziehen. Wählst du die Torsionsnuss, brauchst du aber zum Lösen unbedingt noch eine "harte" Schlagnuss um das erhöhte Losbrechmoment zu übertragen.
Beim Anziehen gehe ich wie folgt vor:
Torsionsnuss oder Torsionsstab mit harter Nuss aufsetzen, Mutter aufschrauben und Maschine gleich nach erreichen des festen Sitzes stoppen und dann mit dem Drehmomentschlüssel nachziehen.
Bosch hat in einigen Maschinen noch eine prima Zusatzfunktion integriert, den "automatischen Bolzenfall-Verhinderungsmodus". Dieser Stoppt die Maschine beim Herausdrehen der Radmuttern/Bolzen beim Erreichen des letzten Gewindegangs und verhindert, dass Schraube oder Bolzen evtl. auf die edlen Alufelgen stürzen und Macken hinterlassen.
Nebenbei kannst du natürlich mit diesen Maschinen auch richtig große Zimmermannsschrauben eindrehen. Hierzu gibt es Adapter von 1/2" auf Bitaufnahme, dann aber unbedingt "Schockwave-Bits" verwenden.
VG
Jürgen
am 25.11.2023 01:57
Mir gehts es nur ums Lösen, anziehen mache ich wie sonst auch mit Stecknuss und dann mit Drehmomentschlüssel
am 25.11.2023 01:59
Hallo Moppelx3,
in der 1. Stufe hat der GDS 1000 C ein Anzugsdrehmoment von ca. 350 Nm.
Das erreichbare Drehmoment hängt aber z.B. auch vom Schraubfall und der Schlagdauer ab. Auch die Art des Einsteckschlüssels (kurz/lang bzw. leicht/schwer) kann einen Einfluss haben.
Das Losbrechmoment liegt bei 1600 Nm!
Dein GDS ist eher für LKW‘s, Landwirtschafts- und Baumaschinen etc. geeignet.
Meiner Meinung nach besteht die Gefahr, „kleine“ Schraubverbindungen zu schädigen oder sogar Schrauben abzureißen!
Der GDS 18V-450 HC wäre für den Reifenwechsel am PKW‘s schon mehr als ausreichend! Bosch empfiehlt dafür den GDS 18V-330 HC!
Mit freundlichem Gruß
Hardy
am 25.11.2023 11:05
Moin Moppel,
mangels damaliger Alternativen erledige ich meinen Räderwechsel
tatsächlich mit einem GDS 18V-1050. Kurz nach erscheinen vom 1050 gabs ihn mit ProDeal ProCore 5,5Ah für wirklich kleines Geld. Da ich an teilweise bis zu 4 Autos den Räderwechsel mache, hatte ich keine Lust mehr auf "Handarbeit".
Der damalige GDX 250 war mir zu schwach, der GDS HT Li hatte keine Einstellmöglichkeiten, so ist es dann der 1050 geworden. Abgesehen davon, dass er ein ziemlicher Klotz ist, funktioniert das Problemlos. Ich löse auf Stufe 2 und ziehe auf Stufe 1 an. Allerdings achte ich darauf das es nur ein bis zweimal schlägt, das sind subjektiv um 100Nm, den Rest mache ich dann mit dem Drehmomentschlüssel.
Heute würde es bestimmt der 450H werden, aber den gabs ja damals noch nicht.
Meine Entscheidung hab ich bis jetzt nicht bereut 🙂 und mehr Luft nach oben zu haben schadet bekanntlich auch nicht 🙂
am 25.11.2023 11:24
Wenn du ihn wirklich nur für Räderwechsel an einem Auto einsetzen willst, dann ist er ähnlich überdimensioniert wie ein GBH 18V-45 um ein 8mm-Loch in eine Wand zu bohren.
Ein 330er oder 450er bekommt das auch hin, ich wechsle Räder (am Kleinwagen) mit einem 200er, der öffnet die Schrauben problemlos. An einem Transporter oder einem Auto ab der oberen Mittelklasse würde ich die nicht mehr einsetzen. Aber einen Schrauber zu nehmen, der so viel Leistung hat, dass er Bolzen, Gewinde oder natürlich die Felge beschädigen kann, wenn man nicht darauf achtet, dass er auf minimaler Leistung steht und selbst dann noch aufpassen muss, da er um Faktor 2 zu viel Leistung hat, ist nur dann eine gute Idee, wenn es noch weitere Aufgaben für ihn gibt,
am 25.11.2023 12:29
Hallo Moppelx3,
ich habe bei einem (älteren Kombi) die Radschrauben an Rädern mit Ganzjahresreifen ohne Problem in der Stufe 2 des GDX 18V-210 C nach nur wenigen Sekunden Schlagen los bekommen. Die Schrauben wurden allerdings auch zuvor (vor ca. 1 Jahr) korrekt mit einem Drehmomentschlüssel mit 110 Nm angezogen. Der GDX verfügt über ein Losbrechmoment von 370 Nm. Möchte man etwas mehr Reserve haben (z.B. PKW der obere Mittelklasse), würde ich zum GDS 18V-330 HC (Losbrechmoment 560 Nm) oder GDS 18V-450 HC (Losbrechmoment 800 Nm) greifen.
Ich befestige auch die Radschrauben mit dem GDX 18V-210 C. Dazu verwende ich die Stufe 1 und ziehe, wie auch schon von @JUR beschrieben, die Schrauben mit Torsionsstöben über Kreuz an. Bei einem zu erzielenden Drehmoment von 110 Nm nehme ich gerne einen Torsionsstab mit 90 Nm, bei einem Solldrehmoment von 120 Nm einen Torsionsstab mit 100 Nm.
Der Rest wird mit dem Drehmomentschlüssel erledigt.
MfG Hardy
am 25.11.2023 14:17
Und nochmal, da es hier wieder falsch dargestellt wurde:
Das Losbrechmoment einer Schraubverbindung ist zunächst mal GERINGER als das Anzugsmoment, da ja das Moment in der Gewindesteigung wegfällt. Der Irrglaube, dass das Lösemoment höher ist, resultiert aus korrodierten oder anderweitig festgebackenen Verbindungen.
Beim zweimaligen Räderwechsel pro Jahr und einem "normalen" Auto wird das Lösemoment immer geringer sein. Ich ziehe z.B. mit 160Nm an und löse nach einem halben Jahr mit ca. 135Nm. Das ergibt sich schon aus der Theorie...
25.11.2023 15:35 - bearbeitet 25.11.2023 15:53
"...dass das Lösemoment höher ist, resultiert aus korrodierten oder anderweitig festgebackenen Verbindungen"
...und genau das ist leider oft die Realität. Deine Aussage ist absolut richtig bei sauberen, gängigen Gewindepaarungen und ich kann das auch an meinen Sommerfahrzeugen, die kaum Regen geschweige denn Salz zu sehen bekommen, durchaus bestätigen. Dies lässt sich auch prima nachvollziehen, wenn man einen Radbolzen mit Solldrehmoment anzieht und kurz darauf wieder löst. Der Drehmomentschlüssel wird dabei nicht knacken.
Oft ist es aber so, dass die Verschraubungen korrodieren oder verbacken, was erst einmal eine hohes, anfängliches Haftreibungsmoment bedeutet und man daher gut daran tut, einen Schlagschrauber mit Reserve zu haben. Ich möchte an dieser Stelle auch ausdrücklich darauf aufmerksam machen, dass es Felgenreiniger gibt, die prima sauber machen aber auch prima die Verzinkung der Radbolzen vernichten. Sprüht man regelmäßig die Felgen mit solchen Reinigern ein, kriecht das Zeug zum Teil kapillar in die Felgenbohrungen und Gewinde hinein und hat nahezu endlos Zeit dort zu wirken, da man diese Hohlräume beim Klarspülen ja nicht wirklich erreicht. Schaut euch also mal eure Gewinde an und wenn diese auffällige Korrosionspuren insbesondere an der Verzinkung zeigen, wechselt das Produkt. Ein weiteres Indiz hierfür wäre dass sich das Rad nur sehr schwer von der Nabe ziehen lässt, weil der Felgenreiniger im Bereich der Felgenzentrierung ebenfalls sein Unwesen trieb. Nebenbei stehen Felgenreiniger auch im Verdacht, am Quitschen von Bremsen mit verantwortlich zu sein, da sie ja darauf ausgelegt sind Bremsstaub von der Felge zu lösen und somit nicht die besten Freunde von Bremsbelägen und Scheiben sind. Beobachtet ihr also das Quitschen der Bremsen zeitnah zur Anwendung von Felgenreinigern und nachlassend bei längeren Anwendungspausen und längeren Fahrstrecken, dürfte das Indiz genug sein.
VG Jürgen
am 25.11.2023 16:43
Moin
Früher Teleskopradschlüssel, danach GDS 24.
Ist die Radschraube beim Schlüssel/GDS zu dolle gewesen, erstmal Schraube in Ruhe lassen und die nächste Schraube drehen.
Stückweise versuchen, hier hilft der GDS mit Schlag, das Gewinde löst sich leichter, es gibt auch heftige Wärme.
Immer aufpassen....sonst ist Schraube abgerissen!!!
Beim Teleskopschlüssel immer schwer zu machen, oft noch ein Rohr zu Hilfe...HIER ist GDS genau richtig, es dauert einige Sekunden, manchmal 1 Minute...aber Schraube NOCH NIE abgerissen.
Leider sind die Reifenmonteure oft zu schnell, Radbolzen/Radschraube abgerissen...tjo, kostet richtig.
Am besten öfter mal Räder wechseln.
Eine Sache:
Es gibt einige Exoten die haben LINKSGEWINDE !!!! AUFPASSEN!!! (Alfa Spider)
Gruss Willy
am 25.11.2023 18:36
Wenn es beim Benutzen stumpf anzieht braucht man nur einen Torsionsstab mit dem richtigen Wert (eine Stufe unter dem gewünschten Wert). Den Rest zieht man eh kreuzweise mit dem Drehmomentschlüssel an.
Wenn man die Schrauben konzentriert (nicht mit voller Drehzahl) reindreht, lässt man einfach nach den 1. bis 2. Mal Schlagen los und nimmt dann die nächste Schraube. Dann geht es mit jedem Schlagschrauber bei der Montage.
Beim Lösen ist der GDS 18V 1000 auch noch geeignet. Der GDS / GDX 18V 200 reicht bei allen unseren Autos, auch bei denen die mit 160Nm angezogen werden müssen.
26.11.2023 13:14 - bearbeitet 26.11.2023 13:22
Hallo Moppelx3,
den 1000er kann man schon dazu verwenden, dieser wäre mir aber für diese Arbeit zu schwer.
Ich arbeite mit dem 250er, der hat bis jetzt alle Radschrauben/Muttern bis jetzt auf bekommen, aber manches mal dauert es mir ein paar "Millisekunden" zu lange, deswegen werde ich mir demnächst den 450er zulegen.
Habe bei jeder Saison an 5 Fahrzeugen Räderwechsel zu machen. Bei größeren Schrauben habe ich ja noch den guten alten Pressluft Schlagschrauber...und für den Traktor noch das große Radkreuz.
Gruß
Kony
https://youtu.be/LDEUnBapxMM?feature=shared
am 26.11.2023 15:00
Deine Aussage ist absolut richtig bei sauberen, gängigen Gewindepaarungen und ich kann das auch an meinen Sommerfahrzeugen, die kaum Regen geschweige denn Salz zu sehen bekommen, durchaus bestätigen.Da ich im Winter auch oft in der Alpenregionen bin, sind meine WR regelmässig auch Salz ausgesetzt. Wie gesagt, da backt nix fest und das Lösemoment ist nach 6 Monaten deutlich unter dem Anzugsmoment (Werte s. oben). Wenn man natürlich nach 10 Jahren mal die Räder wechselt, dürfte das anders aussehen. Aber im diesem Thread geht es ja um einen regelmässigen Radwechsel, wenn ich den TE nicht falsch verstanden habe😉