Tach zusammen,
nun hänge ich mich auch mal mit rein, auch wenn so viel Wissen im blauen Forum hier längst in zig Themen verstreut herumliegt. Vielleicht schaffe ich ja, trotz der frühen Stunde und Dunkelheit ein paar Aspekte übersichtlich zu beleuchten.
Natürlich ist es technisch kein Problem. Selbstverständlich können wir davon ausgehen, dass die Ladetechnik-.Sportgruppe im Hause Bosch das könnte. Aber wenn schon hier immer wieder gerne übersehen wird, dass es zwar machbar, aber eben doch nicht ganz so einfach ist, dann stellt sich der Vertrieb natürlich auch zu recht die Frage, ob die jetzt noch mit Geld wedelnde um im Forum laut rufende Kundschaft die Preise auch tatsächlich zahlen will, die dafür aufzurufen wären und für die dazu ggf. erforderlichen Fahrzeugaus-/umrüstungen.
Denn: ganz so trivial ist das Thema dann doch nicht. Nicht wirklich. Und nach wie vor muss unser Wunsch und Bedarf für Bosch auch wirtschaftlich funktionieren, sonst haben wir langfristig nichts gewonnen.
Der Käfig aus Rahmenbedingungen
Erstens und über allem thront, völlig unabhängig von der technischen Expertise, das unvermeidliche Regelwerk für alle solchen technischen Geräte, ergänzt um die sehr eindeutigen Anforderungen für Geräte, die in Fahrzeugen zum Einsatz kommen. Ohne deren nachgewiesene Einhaltung (E-Zulassung bzw. Prüfkennzeichen) ist ein Produkt zur Verwendung im Kfz nicht verkehrsfähig - also unverkäuflich.
Ich weiß auch, was viele jeden Tag mit sich herumfahren und dass viele sich keinen Kopf machen, wenn sie Handylader, Navis, USB-Konverter, Akkulader, Inverter oder anderes Getier
ohne E-Zulassung im Auto anschließen. Wer sich auf den üblichen Internet-Marktplätzen umschaut, ahnt vielleicht, wie viel in diesem Land herumfährt, das nicht wirklich in ein Kfz gehört. Das fängt bei der simplen Doppelsteckdose an und geht über mehrere kw starke Inverter bis zur Mehrfach-Rückfahrkameranlage per Funk für Gespanne und Züge. Diese Leute gefährden durch den Betrieb dieser Geräte mitunter nicht nur ihr eigenes Leben, sondern hier oder da auch Eures.
Man darf nicht vergessen, dass an da so einiges mit dran hängt.
Nicht nur, dass bei strenger Auslegung die Betriebserlaubnis erlischt und damit der Versicherungsschutz entfällt, sondern es muss auch jedem klar sein, dass bei der stetig zunehmenden Zahl an Assistenzsystemen im Auto trotz allem technischen Fortschritt die Physik nicht auszuhebeln ist und alles nur bei sorgfältiger Choreografie nicht irgendwann zum Kollaps führt.
Wenn man an der Ampel steht und plötzlich FSK18-Inhalte über den Monitor der Rückfahrkamera kommen, ist das vielleicht noch lustig. Wenn man erst nach Wochen feststellt, dass Billigzubehör das Bordnavi aus der Spur bringt, ist das nervig. Was aber, wenn die geschwindigkeitsabhängige Lautstärkeregelung am/im Radio rückwärts über den CAN-Bus das ABS falsch reagieren lässt? Was wäre, wenn der Akkulader im Heck sich im falschesten Moment auf das ESP-Modul nebenan auswirkt?
Dabei gilt für viele: das Ganze ist nie schlimm, wenn man es selbst spazierenfährt und Glück hat. Aber man sollte es gnadenlos verfolgen, wenn andere das ohne jedes Verantwortungsgefühl tun.^^
Zu den externen, produktbezogenen Anforderungen kommen noch die des Unternehmens selbst - da gibt es Pflicht und Kür.
Wenn andere Anbieter kompatible Lader anbieten, die auch im Fahrzeug anschließbar sind, ist das kein Hinweis darauf, dass die jeweiligen Hersteller und Produkte auch nur annähernd die von uns gewohnte Qualität, Sicherheit und Haltbarkeit bieten. Wenn Bosch sich bisher offensichtlich u.a. wegen der Produktverantwortung für die Nutzung im Straßenverkehr (und man hat einen sehr guten Ruf im automotiven Bereich) dagegen entschieden hat, bisherigen Entwicklungen grünes Licht zu geben, dann finde ich das respektabel.
Natürlich können wir hier von außen so nicht immer hinter die Kulissen schauen und nicht sehen, ob es Gründlichkeit oder Trägheit ist oder eher Kompromisslosigkeit als ein Mangel an Flexibilität oder einfach nur eine bisher nicht geregelte Zuständigkeit, die uns wie ein hauseigener Machtkampf vorkommt (obwohl auch das in größeren Betrieben immer wieder gerne geübt wird). Bosch kann mit Gründen für dies und das auch aus Gründen des Wettbewerbs nicht immer offen mit allem rausrücken. Wenn uns also z.B. etwas nicht schnell genug geht, sollten wir uns immer fragen, ob das nicht zufällig auch mit dem zusammenhängt, wofür wir Bosch als Hersteller eigentlich so schätzen.
Wenn wir am Ende von Bosch-Produkten weiter die Qualität, Robustheit, Wirtschaftlichkeit, den jahrelangen Service, etc., ... haben wollen, müssen wir ihnen unter anderem auch die Sorgfalt und Zeit dafür zugestehen. Wer mit der Produktentwicklung im zertifizierten Umfeld z.B. im industriellen und automotiven Bereich etwas vertraut ist, der weiß, wie lang (und bis zum letzten Moment auch sehr steinig) der Weg von der Idee oder der Änderungsanforderung bis zum fertigen Produkt sein kann.
So, der vermutlich komplexeste Katalog dürfte damit schon mal grob abgehandelt sein.
Kommen wir zu den Akku- und Fahrzeugspannungen.
Es liegt nahe, zu denken, man könnte einen 10,8V-Akku doch sicher problemlos laden, wenn man eine etwas geringere Gleichspannung zur Verfügung hat. Leute, ich bitte Euch, das ist doch nicht das Auffüllen einer Wasserflasche aus dem größeren und weiter oben liegenden Kanister. Da passiert längst viel mehr, wenn man einen Akku lädt... und eigentlich wisst Ihr es alle auch.
Abgesehen davon, dass ein Kfz-Bordnetz nicht 12 oder 24V hat, sondern schon in normalen Zuständen etwa 11,9-14,4V bzw 23,8-28,8V - ohne ins Detail zu gehen, haben Fahrzeuge (aus Sicht eines Akku-Ladegeräts) dummerweise nach wie vor Gleichspannungsversorgung. Und das ist schon lange nicht mehr die Wunschquelle für Ladeschaltungen. Schaltnetzteile an Wechselspannungen haben es leichter, die erforderlichen Ladespannungen, Impuls- und Spannungsformen zu erzeugen - und z.B., was jeder gerne hat: die Verlustleistung und Wärmeentwicklung gering zu halten. Wenn man das in einem Kfz-Bordnetz erreichen will, wird es aufwändiger, erfordert mehr Aufwand, erzeugt mehr Abwärme und man muss auch sehr aufwändig das Bordnetz vor Rückwirkungen schützen. So wird sich ein 10,8V-Fahrzeug-Ladegerät, abgesehen von der zu bewältigenden Leistung, grundsätzlich kaum vom 18V-Pendant unterscheiden, also den gleichen Aufwand machen.
Ja, ich weiß, in den Leistungsbereichen gibt es doch auch Notebook-Netzteile für's Auto.
So weit richtig, aber das sind keine Ladestationen, sondern nur recht einfache Spannungswandler. Die eigentliche Ladetechnik ist im Notebook, das System ist also teurer als der Bordnetzadapter an sich. Die meisten Bordnetzadapter sind elektronisch betrachtet Dreckschleudern, haben abseits der großen Marken oft gar keine E-Zulassung, werden in der Mehrzahl heiß, leben kaum länger als der Produktzyklus ist und viele fallen unangenehm durch Arbeitsgeräusche des Wandlers auf. Das ist sicher keine Lösung, die Bosch ins blaue Regal legt.
Solche Bordnetzadapter sind nur zur beaufsichtigten Nutzung und zum Laden/Arbeiten während Fahrt/Flug gedacht, einen Lader von Bosch für Werkzeugakkus will ich aber auch mal vertrauensvoll alleine lassen können.
Ein weiterer Aspekt ist, dass jedes Entladen z.B. eines normalen 12V-Bleiakkus unter 11,9V in Richtung Tiefentladen geht und dabei jedes Mal Kapazität unwiederbringlich verlustig geht und dass eine Starterbatterie von der inneren Konstruktion her auch nie wirklich dazu gedacht ist, kontinuierlich Strom an Lagegeräte abzugeben, ...
... dem Laden ohne laufenden Motor oder ohne Zusatzbatterie sind klare Grenzen gesteckt, wenn man abends zuverlässig wieder nach Hause fahren können will.
Das Fahrzeug als rollende Ladestation - gehen wir mal davon aus, es gäbe die Lader schon
Will man energieintensivere Geräte wie z.B. Lader betreiben, muss man sich mit oder ohne laufenden Motor Gedanken über die Installation der benötigten elektrischen Leistung im Fahrzeug machen. Viele Steckdosen und Anzünder-Buchsen in Fahrzeugen sind mit 10A veranschlagt (und auch nur dafür verkabelt). In Nutzfahrzeugen findet man auch mal 16A oder 20A vor, nicht selten aber nur dann, wenn beim Kauf bestellt oder nachgerüstet.
Ein 3A-Lader für 10,8V-Akkus belegt also bereits die halbe Kapazität einer solchen Standardbuchse bei Fahrzeugen mit 12V-Bordnetz. Ein Lader in der Größenordnung des AL 1860CV wäre damit nicht mehr wirklich zu ernähren, denn er würde wohl etwa 150W aufnehmen. Da wären Sicherung und vermutlich auch Kabelbaum im Grenzbereich unterwegs, hier sollte schon eine separate Stromversorgung erfolgen. Ich weiß, viele denken: wofür habe ich eine Sicherung? ... und rufen alle Reserven ab, die der Fahrzeughersteller doch noch mit eingebaut hat. Vollkaskodenken, das ich lieber gar nicht erst kommentiere.
Die Frage nach der Leistung der LiMa ist auch wichtig. Bei einer 100A-LiMa wären vier 18V/6A-Lader mit geschätzten 550-600W möglicher Gesamtaufnahme schon die Hälfte des Ganzen - dafür ist die LiMa evtl. nicht auf Dauer augelegt, eine elektrische Servolenkung und ggf. Start-/Stop-System, das elektr. ABS, etc., ... sind auf mehr Reserve im Alltag angewiesen, vom Winterbetrieb mit seinen Nebeneffekten für das Bordnetz mal ganz ab.
Die Installation von mehreren Ladegeräten macht also eine entsprechende Nachrüstung des Fahrzeugs notwendig, wobei ein eigenes Ladenetz mit zweiter, ausreichend groß ausgelegter Bordbatterie und eine Anpassung des Generators eigentlich unumgänglich wird.
Dass man hier in den Bereich kommt, in dem nur wirklich sachkundige Hände wirken sollten und dass in Fahrzeugen andere Kräfte wirken und andere klimatische Bedingungen herrschen als in der Werkhalle zuhause, ist nicht jedem so klar - wenn ich so an diverse Lösungen in 'Eigenregie' denke.
Kurz zum WCS
Ich sehe es auch so, dass vermutlich nur die allerwenigsten auf WCS gezielt umrüsten, es wird sich wohl eher mit Ersatzbeschaffung und Neukäufen in den Markt schleichen. Ob ein Kfz-Lader den Absatz wirklich beschleunigt, da bin ich mir nicht sicher.
Zudem muss man sich die Frage stellen, ob das WCS fernab von Steckdosen wirklich einen so großen Nutzen hat oder nicht sogar 'by design' einen Fahrzeuglader überhaupt erst so dringend nötig macht. Schließlich ist die Ladeleistung deutlich geringer als bei klassischen, kontaktgebundenen Ladegeräten. Noch dazu sind die WCS-Akkus schwächer ("... reicht ja, Du kannst ja zwischen jeder Schraube nachladen..."), so dass man sehr viel mehr/eher auf Energienachschub angewiesen ist - und mehr denn je auf mobiles Laden. Das soll nicht heißen, dass Bosch hier geschickt einen Bedarf erzeugt. Das WCS ist toll und ich mag das Prinzip seit Jahrzehnten bei meiner Zahnbürste, aber es macht nicht immer und nicht für jeden auch Sinn (ist wohl der Grund warum Outdoor-Läden kaum Oral-B-Produkte anbieten).
Ich finde, man darf bei allem den gepflegten Blick auf die Praxis nicht verlieren:
Fahre ich lange genug, um den/die Fahrzeugakku/-s genügend nachzuladen?
Reicht mir die Zeit zum nächsten Einsatz, um auch die Geräteakkus fertig zu laden?
Kann die Zweitbatterie ohne Motorunterstützung alle Akkus fertig laden, ohne dabei vorzeitig zu verenden.
Bin ich wirklich auf Fahrzeugladung angewiesen?
Bin ich mit größeren/zusätzlichen Akkus vielleicht noch flexibler?
Lohnt sich evtl. der Umstieg (ggf. nach und nach) von 10,8V auf 18V?
Wer dann noch immer sagt: ja, ich will,...
... sollte sich überlegen, ob die Lösung mit Inverter (vorzugsweise an Zusatzbatterie) und normalen Steckerladern nicht sowieso die wirtschaftlichste und flexibelste Lösung ist. Schließlich kann man auch einige andere Geräte damit antreiben und man kann bei Versorgung am Ort auf Netzstromeinspeisung umschalten (gibt es auch automatisch, mit Einspeisung außen am Fahrzeug - es ist dann abschließbar).
Da es der Inverter ist, der mit dem Bordnetz in Verbindung steht, sollte der eine (glaubhafte) E-Zulassung haben, unbedingt ausreichend stark verkabelt und fest in einer sicheren Ecke montiert sein.
Weil die Netzteilarchitektur heutiger Geräte nicht immer gleich gut mit Invertern klarkommt, die eine "modifizierte Sinuswelle" (ist oft eher ein Rechteck mit verbogenen Flanken) anbieten, empfehle ich in jedem Fall einen Spannungswandler mit "echter Sinuswelle". Die sind zwar etwas teurer, dafür lebt das Equipment aber auch deutlich länger. Die Empfehlung kam oben in einem der vorigen Beiträge auch schon.
Beim Inverter auf jeden Fall den Leistungsbedarf richtig rechnen. Dabei spielen Phasenverschiebung und Startströme der angeschlossenen Verbraucher eine Rolle. Nur bei linearen Verbrauchern wie einer Glühbirne sollte darf man ungestraft die VA-Leistungsangabe mit Watt Leistungsaufnahme gleichsetzen.
Dass ohnehin bestenfalls nur die Dauerleistung zählt, wurde oben bereits gesagt. Um auch bei sommerlichen Temperaturen 'Luft' zu haben, auch die nur zu 70% nutzen.
Wegen der eher gleichförmigen Stromentnahme empfiehlt sich bei einer Zweitbatterie eine, die für 'Antrieb und Beleuchtung' ausgelegt ist bzw. AGM-Typen wie in E-Rollis oder Golfcaddys. Und auch hier: gut festmachen.
Zwischen Hilfsbatterie und Starterbatterie gehört ein automatisches Trennrelais, damit letztere unabhängig startfähig bleibt.
Der Elektrikspezi in der Werkstatt Eures geringsten Misstrauens sollte das hinbekommen. Oft hat sich aber schon gezeigt, dass routinierte WoMo-Ausrüster für so etwas das bessere Händchen haben und von Produktauswahl bis zum Einbau die Kreativeren und günstigeren sind.
So, nu muss ich los und lasse Euch mal den Roman zum Wochenende da...
Gruß
Markus
Wer für etwas immer nur den niedrigsten Preis zu zahlen bereit ist, sollte höchstpersönlich mindestens drei Jahre lang ganz exakt dort und zu den da üblichen Bedingungen arbeiten müssen, wo es herkommt. MF